Bau und Entwicklung der Stadt Ellrich. Die älteste Ansiedlung wird man im Norden der jetzigen
Stadt zwischen der Zorge und dem Frauenberge zu suchen haben, auf dem damals auch die Hauptkirche sich
befand. Im 10. Jahrhundert soll die Stadt ummauert,
zum Schutze gegen die Einfälle der Ungarn mit Gräben,
Mauern, Türmen und doppelten Toren befestigt und
vom Kaiser mit den Brau-, Markt- und andern Stadtgerechtsamen
versehen worden sein. Urkundlich hören
wir von einer Befestigung der Stadt erst im Jahre
1315. Die noch vorhandenen Mauerüberreste lassen die
Befestigungsanlagen ziemlich deutlich erkennen. Die
Stadt war mit einer Mauer umgeben, die sich von dem
noch vorhandenen Ravensturm aus, im Norden der
Stadt, an dem Mühlengraben die Zorge entlang zum
Mühlentore erstreckte, von da bis zum Ende der Kirchgasse
ging, dort links umbog, au der jetzigen katholischen
Kirche, dann das Nordhäuser Tor erreichte und wieder
links umbiegend längs der Hintergasse auf das Wernaer
Tor stieß. Sie ging von da in gerader Richtung
weiter bis zum neuen Tore, wandte sich sodann nach
links und traf, am jetzigen „Bürgergarten" vorübergehend
in dem Eckert'schen Garten wieder auf den
Ravensturm . Hier sind auch die Gräben noch vorhanden,
die außerhalb der Mauer hinliefen und jedenfalls
mit den oberhalb der Stadt liegenden Teichen in
Verbindung standen. Die Mauer wurde von einer
Anzahl in ungleichen Abständen errichteter Halbtürme
überragt, die nach außen abgerundet waren und zum
Teil ebenfalls noch vorhanden sind.
Ellrich um die Mitte des 17. Jahrhunderts.
Die Türme, sowie die befestigten Tore wurden nach
und nach, da durch die Erfindung des Schießpulvers
ihr Wert vollständig hinfällig geworden war, abgebrochen.
Das Nordhäuser Tor wurde im Jahre 1766
niedergelegt, das dabei gewonnene Material wurde zum
Bau der Brücke über die Zorge verwendet. In dem
Ravensturme befand sich ein Gefängnis. Nach dein
Bauernkriege wurden eine Reihe Bauern in den Türmen
auf der nordöstlichen Seite der Stadt gefangen gehalten.
Einer von diesen Türmen war hoch unterwölbt, und
oben im Turme befand sich ein Loch, durch welches die
Gefangenen hinabgelassen wurden, sodaß sie weder Sonne
noch Mond sahen, und ihnen jedes Mittel zu einer
Errettung abgeschnitten war.
Die älteste Beschreibung Ellrichs finden wir in einem
Aktenstücke (Verzeichnis) aus dem Jahre 1573, worin
es heißt:
„Umb die Statt Elrich ist es also gelegen, daß
dieselbige mitt einer schlechten mauren umbfangen.
Was darin begriffen, halten die Grafen von Honstein
vor Sächsisch Lehen. Die Vorstette sambt denn Gerichten
außerhalb der Statt, so wol auch im Burgerholtze
gehören in die Herrschaft Clettenbergk, werden
auch daselbst hin mitt Pfannden und dergleichen
Dingen, das gerichtliche Actus seindt, gebraucht.
Wann aber die Vorstette abgetzogen, so will an der
Mannschaft ein Großes abgehen.
Darumd können wir eigentlich nicht wissen, wie
vil der Burger fein, tragen aber Vorsorge, das die
Zal sich schwerlich aufn fünfhundert erstrecke und
ist mehres theils ein arm Volk, das sich seiner sauren
Hanndarbeit inn dem Hartze (der gleichwol sehr verwüstet)
muß ernehren.
Der Brauhandel ist gar geringe, kumpt au eilten
Burger deß Jahrs mitt genauer nott zweymal. Die
Bier seindt nichts besonders, das der Bauerßmann
uffm Lande, die zu trinken mitt gebetten muß genottreunget
werden, thut eß doch unngerue, und steh asselbige bey dem Jnnhaber der Herrschaft Clettenbergk,
maß er dessen thun oder verhenngen will.
Der Ackerbau ist geringe, wie eß pfleget am
Hartze zu sein, dahero folget, daß die Burger den
den Gersten, so sie vormeltzen, alle muffen in Düringen
oder Sachsen, so wol auch den Hopfen
bohlen, haben mitt noth von der Hanndt in den
Mundt. Wann Johann Gaßmans sehligern und
deß Muutzmeisters erben außgezogen, darffen w ir
wol sagen, das wenige Leute inn Elrich wohnen,
die über thansendt Thaler reiche seindt …“
Am Ende des 30jährigen Krieges befanden sich
in Ellrich 38 gebaute Brau-Häuser, 13 Hinter- oder
Kellerbrauhäuser, 95 Hintersättler-Häuser, Summa
16 bewohnte Häuser, 33 unbewohnte wüste Häuser
und 237 Brau- und Hintersättler Brandstätten. An
Mannschaften zählte man 8 Ratspersonen, incl. Stadtschreiber,
119 bürgerliche Mannspersonen und 27
Witwen, so eigene Häuser haben, dazu 21 Mann an
Hausgenossen, die keine eigenen Häuser haben, sondern
zur Miete wohnen. An Handels- und Handwerksleuten
gab es einen Bänder-Krämer, 15 Schuhmacher,
von denen aber nur zwei ihr Handwerk
trieben, 3 Schneider, 2 Lohgerber, 3 Hufschmiede,
4 Weißbäcker, 3 Schwarzbäcker, 6 Leinweber, 4
Fleischhacker, 2 Weißgerber, 2 Schwarzfärber, 2
Wagner, 1 Sattler, 2 Zimmerleute, 1 Maurer, 1
Schlosser, 1 Nagelschmied, 1 Töpfer, 1 Tischler, 1
Drechsler und 2 Bader. Die gesamte Stadtflur betrug
1537½ Acker oder 68 Hufen und 10 Acker,
und zwar bestand sie teils aus freier Länderei, teils
aus Cleysingischem und Walkenrieder Klosterzinsland,
sowie aus Wiesen und wüstem Lande. (Nach: Heine,
Chronik der Stadt Ellrich.)